Sonntag, 12. November 2017

Indiens ökonomischer Notstand – was bedeutet es fürs Volk? (Update)


Diese nachtschwarze Darstellung von Binu Mathew von der indischen Wirtschaft wird hier womöglich noch schärfer ergänzt von Dr. Narayana, der von einem senkrechten Absturz spricht. Er schreibt: "Das ist nicht plötzlich eingetreten und ist auch nicht "technisch" bedingt .... die, weil sie keine Erklärungen haben, dass der Industrie-Sektor, die Exporte und die Landwirtschaft sowie der heimische Konsum stagnieren Ganze, das Ganze herunterspielen und versuchen, es auf die ökonomischen Akteure und die Beamten zu schieben. Aber jetzt fangen sogar schon die Behörden an, Kritik zu üben." Er kommt zum Schluss, dass es einfach die völlige Unfähigkeit dieses hindu-faschistischen Modi-Regimes ist, das jedoch im Westen hoch angesehen ist.

Binu Mathew
9. November 2017


Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Geldentwertung

Prolog:
Weshalb ich diesen Artikel schrieb
Als ich in der Nacht zum 8. November von der Maßnahme hörte, schaute ich auf meine Facebook Seite. Ich war fassungslos. Selbst prominente Liberale applaudierten dieser Maßnahme gegen das Volk. Als ich die Nachrichten-Seiten besuchte, sah ich, dass selbst die Progressiven diesen Meisterstreich von Modi lobten. Als ich die Morgenblätter erhielt, bekam ich einen wahren Schock. Nicht ein Wort gegen diesen monumentalen Betrug. Manche Zeitungen hatten sogar Artikel von ‚Experten‘, dass damit das Schwarzgeld beseitigt wird, auch wenn es ‚geringe Unannehmlichkeiten‘ für das Volk mit sich bringen würde. Irgendjemand musste es als Bluff bezeichnen. Deshalb schrieb ich aus Verzweiflung und Wut diesen Artikel.

Gegen Mitternacht des 8. November 2016 verhängte der indische Premierminister Narendra Modi in Indien einen nicht deklarierten wirtschaftlichen Notstand. Mit einem Federstrich wischte er 10 Mrd. Rupien an Bargeld aus dem System. Warum dieser einschneidende Schritt? Was das Ergebnis für die indische Wirtschaft mit sich bringen wird, ist eine Milliarde Dollarfrage.

Nun lasst uns zunächst einmal hören, was die Argumente der Regierung sind. Dies ist es, was PM Modi in einer beispiellosen Adresse an die Nation bei 20 Uhr abends sagte:

"In den vergangenen Jahrzehnten ist das Gespenst von Korruption und Schwarzgeld gewachsen. Es hat die Bemühungen zur Beseitigung der Armut geschwächt.

Es kommt eine Zeit in der Entwicklungsgeschichte eines Landes, in der ein starker und entscheidender Schritt als notwendig empfunden wird. Seit Jahren spürt dieses Land, dass Korruption, Schwarzgeld und Terrorismus eiternde Wunden schlagen, die uns im Wettlauf um die Entwicklung bremsen.

Terrorismus ist eine erschreckende Bedrohung. So viele haben dadurch ihr Leben verloren. Aber hast du jemals darüber nachgedacht, wie diese Terroristen ihr Geld bekommen? Feinde von jenseits der Grenze führen ihre Operationen mit gefälschten Banknoten aus. Das geht schon seit Jahren so. Viele Male, werden die mit gefälschten fünfhundert oder tausend Rupien-Banknoten geschnappt und viele dieser Banknoten wurden beschlagnahmt.

Einerseits gibt es das Problem des Terrorismus, andererseits die Herausforderung durch Korruption und Schwarzgeld.

Um den Griff von Korruption und Schwarzgeld zu brechen, haben wir beschlossen, dass die fünfhundert Rupien und die tausend Rupien-Banknoten, die derzeit in Gebrauch sind, ab Mitternacht des 8. November 2016 kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr sein werden.

Wird unser Volk in diesem Kampf gegen Korruption, Schwarzgeld, Falschgeld und Terrorismus, in dieser Bewegung zur Säuberung unseres Landes nicht für einige Tage einige Schwierigkeiten hinnehmen? Ich habe vollstes Vertrauen, dass jeder Bürger bereit ist, um an dieser ‚Mahayagna‘ teilzunehmen.

Es werden neue Noten von 500 Rupien und zweitausend Rupien eingeführt, mit völlig neuem Design."

Die 'Außer-Kurssetzung‘ ist also nach der Logik der Regierung die Bekämpfung von Korruption, Schwarzgeld und Terrorismus. Gut und schön. Warum dann die Wiedereinführung von neuen 500 und sogar neuen Rs 2000 Noten? Wird das nicht für das Schwarzgeldhorten, korrupte Beamte und Terroristen einfacher sein, mit den 2000er-Scheinen umzugehen? Warum dann dieser chirurgische Schlag gegen die Wirtschaft?

Das Wichtigste zuerst


In Uttar Pradesh (UP) stehen die sehr wichtigen Wahlen bevor. Modi kam an die Macht und versprach, Schwarzgeld aus den Überseebanken zurückzuholen und auf jedes Bankkonto 1,5 Millionen Rupien pro Person einzuzahlen. Zweieinhalb Jahre sind vergangen, seitdem dieses Versprechen gegeben wurde. Keine einzige Rupie erschien auf irgendeinem Bankkonto. Er musste seinen Wählern zeigen, dass er etwas gegen Schwarzgeld unternimmt. Niemand sollte sich die Frage stellen, wie Modi Schwarzgeld zurückbringen kann, das in Schweizer Banken gehortet wurde oder durch Außer-Kursstellung eingesammelt wird. Man kann glückselig vergessen, dass grosse Geldhorter ihr Geld nicht unter dem Bett verstauen, sondern in der Sicherheit ausländischer Banken in der Schweiz, auf Mauritius oder Maccau. Wem will Modi was vormachen? Der Mehrheit der armen Indianer, die ein Leben mit nur Rs 32 am Tag führen?

Und zum Argument der Korruption, hier bekommt ihr das Fazit:


Der Indian Express berichtete, dass "29 staatseigene Banken zwischen den Finanzjahren 2013 und 2015 insgesamt 11,4 Milliarden fauler Darlehen abgeschrieben haben, viel mehr als in den vorangegangenen neun Jahren". RBI weigerte sich, die Namen der Nutznießer zu nennen.

Wir können uns nicht vorstellen, dass die Großzügigkeit den kleine Kreditnehmern zugutekam. Wenn das keine Korruption ist, was dann?

Was ist mit dem schwarzen Geld, das in Gold und Immobilien umgewandelt wurde?

Das Argument von der Korruption, dem Schwarzen Geld, des Terrorismus fällt platt zu Boden. Was muss dann das andere Motiv der Regierung gewesen sein?
Wenn man Modis Rede genau unter die Lupe nimmt, erhält man weitere Hinweise.

Er sagte nach Mitternacht: " … Die fünfhundert und tausender Banknoten, die von anti-nationalen und antisozialen Elementen gehortet werden, werden zu wertlosen Papier-Zetteln."

Hier lässt er die Katze aus dem Sack. "Anti-nationale und antisoziale Elemente"! Alle, die eine 500 Rupiennote oder 1000 Rupiennote haben, sind anti-national! Wenn Sie dem Argument bis zu seinem logischen Schluss folgen, dann haben sich die meisten indischen Bürger der langen Liste der anti-Nationalisten hinzugesellt, die diese Regierung seit ihrem Amtsantritt 2014 fabriziert hat. Modi sagt weiter:".... in dieser Bewegung zur Säuberung unseres Landes, wird unser Volk nicht für einige Tage Schwierigkeiten ertragen? Ich habe vollstes Vertrauen, dass jeder Bürger sich erheben und an dieser ‚Mahayagna‘ teilnehmen wird.“

Das Land reinigen? Déjà vu! Hast du nicht schon ein halbes Jahrhundert zuvor diese Rhetorik aus Europa gehört? Was war die "Endlösung"?

Modi schöpft auch aus der arischen Mythologie und nennt seine Mission eine ‚Mahayagna‘. Nicht überraschend, dies vom Premierminister einer säkularen Nation zu hören, der sich selbst nennt: "Ich bin Hindu-Nationalist, weil ich ein geborener Hindu bin". Diese subtilen Unterstellungen werden einen großen Einfluss auf die bevorstehenden Wahlen in Uttar Pradesh (UP) haben, bei denen Modis BJP versuchen wird, die hinduistischen Stimmen gegen die ‚muslimische Bedrohung' zu konsolidieren. Denken Sie daran, dass BJP einen Aufstand in Muzaffarnagar im westlichen UP orchestrierte und damit prahlte, reiche Dividenden zu gewinnen. BJP gewann 72 von 80 Sitzen bei den Parlamentswahlen in UP im Jahr 2014.

Hinter Modis Schachzug steckt auch das Bestreben des Premierministers, Indien zu einem bargeldlosen Land zu machen. Selbst Schweden, eines der am weitesten entwickelten Länder der Welt, konnte dieses Ziel nicht erreichen. Wie kann Indien mit einer Landbevölkerung von 80 % oder mehr dies erreichen? Vor kurzem machten Hacker einen Bruch und die Daten von 3,2 Millionen Kreditkarten in Indien gerieten in ihre Hand. Dieser Coup ist eine Warnung, dass der Übergang in die bargeldlose Welt mit Sicherheitsrisiken behaftet ist. Außerdem kann man den Verdacht haben, ob diese Außerkraftstellung nicht ein Akt ist, um der aufstrebenden E-Wallet-Unternehmen wie PayTM auf die Beine zu helfen. PayTM hat eine 2-seitige Jacketwerbung herausgebracht, die Modi für seine De-Monetisierung lobt. Modis Kumpel Mukesh Ambani stellte am 1. Januar 2017 JioMoney vor, ein E-Geldbörse, einen Tag nach dem Auswechseln der alten Geldscheine.

Ist dies die ganze Geschichte? Ich denke, da steckt mehr dahinter, als man denkt.

Hier sind einige Fakten.

  • Die Marktkapitalisierung der öffentlich-rechtlichen Banken sank von 4,5 Lakh im Januar 2015 auf 2,7 Lakh im Januar 2016
  • Öffentliche Banken sitzen auf über Rs 7 lakh crore ‚gestressten Vermögenswerten‘, einschließlich Non Performing Darlehen und restrukturierte Kredite.
  • Der Business Standard berichtete, dass die Reserve Bank of India in den vergangenen 12 Monaten viele Anleihen vom Sekundärmarkt kaufen musste - Rs 2.1 lakh crore - um den Banken in eine neutrale Liquiditätszone zu helfen.
  • Nochmals der Business Standard, der schrieb „es sei denn, eine Bank verleiht kein Geld, dann kann sie nicht mehr Geld erschaffen. Da Banken ihre Verleihung verlangsamt haben, wird nicht genügend Geld geschaffen und folglich ist der Multiplikator auf ein mehrjähriges Tief gefallen. Diese Lücke in der Geldschöpfung hat zu Liquiditätsengpässen geführt, weshalb die RBI beim Anleihekauf eingreifen musste.“
  • Der Business Standard schrieb außerdem: „Die Liquidität im Bankensystem ist aus verschiedenen Gründen wieder angespannt. Abgesehen vom schwachen Geldmultiplikator ist der Geldumlauf in der Bevölkerung wegen vieler Festlichkeiten gestiegen. Bargeld zu halten bedeutet Geld von den Banken wegzunehmen und dies trägt zur Liquiditätsverknappung bei. Nach Schätzungen der Credit Suisse hat sich die im Umlauf befindliche Geldmenge in den vergangenen 12 Monaten um Rs 2,6 lakh crore erhöht.Aus all diesen Berichten geht deutlich hervor, dass die indischen Banken mit einer Liquiditätskrise konfrontiert waren. Seit Modi an die Macht kam, versuchte er mit aller Kraft, die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Wie Donald Trump in den USA war sein Mantra, „Indien zu einem Fertigungsstandort"zu machen. Trotz aller Anstrengungen hat sich die Produktionsmenge in den vergangenen Jahren nach den vorliegenden Daten nicht wieder erholt, sondern ist sogar gesunken.

    Modi konnte gedacht haben oder seine Berater überredeten ihn zu glauben, dass
    für einen Kickstart der Wirtschaft und das „Indien wieder groß-machen" ein chirurgischer Eingriff in die Wirtschaft notwendig wäre. RBI war hilflos, da sie die Liquidität nicht aus Furcht, eine Inflation zu entfachen, erhöhen konnte. So war die letzte Karte auf dem Tisch, das ganze im Umlauf befindliche Geld zurückzurufen und es in den Banken festzulegen, wodurch die wackelnde Bankindustrie gestärkt wurde und die Wahrscheinlichkeit der Erhöhung der Liquidität, wenn der Schmerz des Chirurgie-Eingriffs vorüber wäre.

    Schaut euch den Zeitpunkt der Ankündigung an. Es war gleich nach Diwali, dem größten Festival in Indien, als die größte Menge an Bargeld im Umlauf ist. Indien hat einen tatsächlichen Bargeldumlauf von Rs 17 lakh crore, wovon 88 Prozent Rs 500 und Rs 1.000 Banknoten sind. Laut der RBI-Pressekonferenz nach der Ankündigung des PM befanden sich derzeit 16,5 Milliarden "500-Rupien" -Noten und 6,7 Milliarden "1000-Rupien" -Noten im Umlauf. Ungefähr Rs 15 lakh crores wurde vom System eingezogen. 15 lakh crore Rupien gehen zurück in die Banken. Und es gibt Beschränkungen, wie viel man von seinem Konto abheben kann. Jetzt sind es 20.000 Rupien für eine Woche. Da liegt der Haken.


    Die Banken werden das Geld, das sie von euch "beschlagnahmt" haben, verleihen, um ein Mehrfaches des Betrags durch Mindestreserve-Bankwesens. Wer profitiert davon? Nicht die armen Bauern, die sich jeden Monat zu Tausenden das Leben nehmen. Nicht die Kinder, die in mehreren Teilen des Landes an Unterernährung sterben. Nicht die kleinen Handwerker, die um ihre Geschäfte kämpfen? Wer profitiert davon? Die Kapitalisten-Kumpan
    e, die das Regime der Modi stützen. Diese De-Monetisierung ist der größte kumpelhafte, kapitalistische neoliberalistische Staatsstreich, der je in Indien stattgefunden hat. Indien wird dafür einen hohen Preis zahlen müssen.

    Gestern Abend nach den Nachrichten schaute ich in meine Brieftasche und fand einige ‚anti-nationale‘ Banknoten. Ich wollte einige "nationalistische" Scheine für bevorstehende "schwere Zeiten" zum überleben behalten. Ich war an mehreren Geldautomaten. Die meisten hatten nur 500-er oder 1000-er Banknoten. Vor einem Automaten sah ich eine lange Reihe von Leuten. Ich ging zu einem weniger überfüllten Geldautomaten. Da war eine kleine Schlange. Ein Mann, der in der Kabine war, hob besessen Geld ab und ließ uns alle warten. Ein Herr wurde wütend und stürzte in die Kabine und bat ihn, aufzuhören und zu gehen.

    Die Leute werden wütend. Panik breitet sich aus. Zwei Tage völliges Bankverbot, begrenzte Auszahlungen, wenn sie öffnen. Was wird jemand im Falle eines medizinischen Notfalls tun? Eine lebenserhaltende Maschine kostet Rs 75000 in Miete für einen Tag! Das ist für die Leute, die mit Banken verbunden sind.

    Was ist mit den fast 80% der Inder, die keinen Zugang zu Banken haben oder für ihr tägliches Leben nicht von Banken abhängig sind? Wie viel Mühe werden sie ertragen müssen, um die kleinen "Anti-Nationalen Scheine" zu tauschen. Wenn sie ein Bankkonto haben und wenn sie sich entschließen, zur Bank zu gehen, wird ihr Geld für den Kredit einbehalten, den sie der Bank schulden, was für die meisten Menschen im ländlichen Indien gilt.

    Einige Finanzexperten machen sich Sorgen, die Geldkette zu durchbrechen. Sie sind besorgt, dass dann die Wirtschaft bluten wird und sie wieder in Gang zu bringen, wird eine harte Aufgabe sein. Wer wird leiden? Die armen Menschen Indiens. Die Reallöhne könnten einbrechen. Deflation ist eine reale Möglichkeit. Werden die Armen und die Mittelschicht stumme Zuschauer bleiben, während ihr Reichtum von den Banken und schließlich von den Kapitalisten der Kumpane aufgesogen wird? Werden sie aufbegehren wie der Mann am Geldautomaten? Wenn sie sich auflehnen, wird der finanzielle Notstand zu einem politischen Notstand werden.

    Währenddessen werden die reichen Kapitalisten-Kumpane auf dem Weg zur Bank sich totlachen.

    Binu Mathew
    ist der Herausgeber von www.countercurrents.org und erreichbar unter editor@countercurrents.org 
Quelle - källa - source

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