Donnerstag, 23. Juni 2016

Die großen Saatgut-Piraten im Umweltschutz


Vandana Shiva
21. Juni 2016


Aus dem Englischen: Einar Schlereth


Eine große Saat- und Biovielfalt-Piraterie ist im Gange und muss gestoppt werden. Die Freibeuter von heute sind nicht nur Unternehmen – die immer weniger werden und größer durch Zusammenschlüsse – sondern auch Einzelpersonen wie Bill Gates, der „reichste Mann der Welt“.

Als die Grüne Revolution in Indien und Mexiko vorangetrieben wurde, wurde das Saatgut der Bauern „zusammengetrieben“ und in internationalen Institutionen eingeschlossen, die dieses Saatgut nutzten, um Arten für die Grüne Revolution auszubrüten, die auf chemische inputs reagierten. Die ersten dieser beiden Institutionen waren das Internationale Reisforschungs-Institut (IRRI) in den Philippinen und das Internationale Mais und Weizen- Verbesserungszentrum (CIMMYT) in Mexiko. Diese Institute stahlen die Vielfalt von den Feldern der Bauern und ersetzten sie mit chemischen Monokulturen von Reis, Weizen und Mais.

Größte Samenbank der Welt auf Svalbard (2008 eröffnet).
Dr. R. H. Richharia, Indiens bedeutendster Reisforschungs-Wissenschaftler, stand an der Spitze des Zentralen Reisforschungs-Institut (CRRI) in Cuttack, Orissa. Das indische Institur existierte vor IRRI, hatte die größte Sammlung von Reissorten und war die größte Reis-“Bank“ der Welt. Dr. Richharia weigerte sich, der IRRI in den Philippinen zu erlauben, die Sammlung zu plündern. Die Weltbank entfernte Dr. Richharia, den Wächter der indischen Reis-Kenntnisse, von CRRI, damit der Transfer des intellektuellen Eigentums der indischen Bauern an das Internationale Institut möglich wurde (das später Teil der Konsultativen Gruppe der Internationalen Agrikultur-Forschung wurde). Das Saatgut-Erbe wird in den Saatgut-Banken der CGIAR bewahrt, ein Konsortium von 15 internationalen Landwirtschaft -Forschungs-Zentren, das der größte Empf'änger von Geldern von Herrn Gates ist.

Die Bill & Melinda Gates Stiftung ist die neue Weltbank, wenn es um die Nutzung von Geldern zur Beeinflussung von Landwirtschafts-Politik geht. Die Gates-Stiftung ist der größte Geldgeber des CGIAR Systems und durch ihre Gelder beschleunigt sie den Transfer von Forschung und Saatgut an Unternehmen, wodurch die intellektuelle Eigentums-Piraterie erleichtert wird und Saatgut-Monopole geschaffen werden durch intellektuelle Eigentums-Gesetze und Saatgut-Regulierungen. Kontrolle über das Saatgut der Welt für „EINE AGRIKULTUR“ ist das Ziel von Mr. Gates!
 

Seit 2003 haben die CGIAR-Zentren mehr als 720 Millionen Dollar von Bill Gates erhalten.

Gates erlangt nicht nur die Kontrolle des Saatguts der Bauern in den CGIAR Saatgut-Banken, sondern investiert auch stark in das Sammeln von Saatgut in der ganzen Welt, das er in einer Anlage auf Svalbard in der Arktik lagert – das „Weltuntergangs-Gewölbe“.

Hunderte Meter in den Berg gehauen und bei -18° C gelagert.
Gates finanziert auch Diversity Seek (DivSeek), eine globale Initiative, um Patente von Saat-Kollektionen zu erhalten, indem er eine genomische Kartierung durchführt. Sieben Millionen Feldfrucht-Zugänge befinden sich in den öffentlichen Saatgutbanken. DivSeek kann 5 Unternehmen erlauben, diese Vielfalt in Besitz zu nehmen.

Heute wird die Bio-Piraterei durch die Angleichung von Informations- und Biotechnologie durchgeführt. Es geschieht durch Patentierung der „Kartierung“ von Genomen und Genom-Folgen. Während lebendes Saatgut sich „in situ“ (lokal) entwickelt, können Patente von Genomen durch Zugang von Saatgut „ex situ“ (z. B. im Labor) gewonnen werden. DivSeek ist ein globales Projekt, das 2015 gestartet wurde, um die genetischen Daten der Bauern-Vielfalt von Saatgut in den Genbanken zu erfassen. Es beraubt die Bauern ihrer Saat und ihres Wissens, es beraubt das Saatgut seiner Integrität und Diversität, seiner evolutionären Geschichte, seiner Verbindungen zum Boden und reduziert es zu einem „Kode“. Es ist ein extraktives Projekt, um die Daten im Saatgut „abzubauen“ und das Gemeingut zu „erfassen“.

Die Bauern (oder Farmer, wie sie jetzt genannt werden), die die Vielfalt entwickelten, fanden keinen Platz in DivSeek. Ihr Beitrag, ihr Wissen wird „abgebaut“ - nicht anerkannt, geehrt oder bewahrt.

Dieser „genetische Kolonialismus“ ist ein Gehege der genetischen Allmende. Die teilnehmenden Institutionen sind die CGIAR Knoten und die „öffentlichen Universitäten“ wie Cornell und Iowa State, die zunehmend privatisiert werden von der Bio-Tech-Industrie und Mr. Gates. In Cornell finanziert Gates die pseudo-wissenschaftliche Propaganda-Maschine unter dem falschen Namen Cornell Alliance for Science. An der Iowa State finanziert Gates die 'Unethischen Menschen-Fütterungs Versuche' mit GMO-Bananen. Die Bill & Melinda Stiftung finanziert die Partner von DivSeek, besonders die African Agricultural Technology Foundation und eine Africa-Brazil Partnerschaft in DivSeek.

Bill Gates investiert auch ein ein-Jahres eperimentelles 'genetic engineering tool' für die Veröffentlichung von Genen, CRISPR-CAS9, vermittels des neuen Unternehmens EditasMedicine. Während die Technologie selbst noch unreif und ungenau ist, ist sie eine Goldader für neue Patente. Wörter wie „gene editing“ und „educated guesses“ (qualifizierte Vermutung) kriechen in die wissenschaftliche Diskussion. Die Piraterei von der Allgemeinheit gehörenden genomischen Daten von Millionen Saatzüchtungen von Bauern nennt man „big data“. Aber big data ist kein Wissen, ist nicht einmal Information. Es sind gekaperte Daten.

Saat ist nicht nur Keimplasma. Sie ist lebendig. Sie ist intelligent. Sie sind Wesen und Subjekte der Evolution, Geschichte, Kultur und der Beziehungen.

In den 80-er Jahren führte MONSANTO die Treibjagd für GMOs und Lebenspatente an. Heute ist es Bill Gates. Ein reiches Individuum ist in der Lage, seinen Reichtum zu benutzen, um alle internationalen Verträge und alle multilateralen Regierungsstrukturen zu umgehen, um globalen Konzernen zu helfen, die Biodiversität und den Reichtum der Bauern zu greifen, indem er unwissenschaftliche und undemokratische Prozesse finanziert wie DivSeek und versucht, nicht getestete Technologien wie CRISPR freizugeben.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Menschheit Verfahren und Gesetze ausgearbeitet, um die Biodiversität des Planeten und die Rechte der Bauern auf ihr Saatgut, das Recht des Konsumenten auf Sicherheit zu schützen. Zu diesen Gesetzen gehören: Die Biodiversitäts-Konvention (CBD); das Cartagena Protokoll zur CBD; den Internationalen Vertrag zu genetischen Pflanzen Resourcen für Nahrung und Landwirtschaft [ITPGRFA= gibt noch keine offizielle deutsche Fassung – wozu auch – fuck Germany! D. Ü.]

Indien muss die internationalen und nationalen Gesetze verstärken, um die Bio-Diversität und die Rechte der Farmer zu schützen. Stattdessen unternimmt die Regierung Schritte, um die BigMac Saat-Bio-Piraterie zu erleichtern.

Die Neue IPR-Politik hat Klauseln, die erklären:

2.20. Öffentliche Forschungsinstituten sollte Zugang zum TKDL für weitere R&D [Forschung & Entwicklung] erlaubt werden, während die Nutzung traditionellen Wissens in digitalen Bibliotheken für R&D auch erwogen werden kann, vorausgesetzt es sind notwendige Vorkehrungen vorhanden, um illegale Aneignung zu verhindern.

4.20. Nationale Biodiversität Behörde

4.20.1. Die Regierung will einen Konsultations- und Koordinations-Mechanismus formalisieren zwischen der nationalen Biodiversitäts-Behörde, dem Büro für intellektuelles Eigentum und anderen betroffenen Ministerien wie Ayush mit Hinsicht auf eine harmonisch Umsetzung der Richtlinien für Bewilligung von IP-Rechten und Zugang zu biologischen Resourcen und damit verbundenen traditionellen Kenntnissen und Profitteilung;

4.20.2. Die NBA wird die prompte Bewilligung für IP-Rechte, Gewinnteilung von Geld oder nicht-Geld vereinheitlichen und effiziente und benutzerfreundliche Mechanismen für eine sinnvolle Verbindung zwischen NBA und Bewerbern schaffen.

Tatsächlich erklärt die Regierung, dass unser traditionelles Wissen und Biovielfalt-Erbe mühelos erhältlich ist durch Bio-Piraterei via IPRs.
Die Regierung hat auch Veränderungen im Bio-Diversitäts-Gesetz vorgenommen, das von Indiens dezentralisierter Demokratie verfasst wurde. Das Bio-Diversitäts-Gesetz verlangt, dass ausländische Entitäten, die Patente und IPRs für Indiens Biovielfalt wollen, die Erlaubnis von der NBA in Chennai einholen müssen.

Abschnitt 6 (1) des Gesetzes erfordert eine zwingende Konsultation mit dem lokalen Bio-Diversitäts-Management-Komitee (BMC), da die örtlichen Gemeinden die Hüter der Biodiversität und traditionelle Kenntnis sind. Unter globalem Druck durch Bio-Piraten gibt es Versuche, die BMC-Konsultation zu kippen. Was bedeutet, die Rechte des Volkes auf sein eigenes Wissen und Erbe und die Grundlage unserer lebendigen Ökonomien und Demokratien zu zerstören.

4 Kommentare:

  1. Das Problem ist nicht Bill Gates, sondern das Patentrecht. Das muss weg.

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  2. Dass Hanf neben der Nutzung als Droge, bspw. in Form von THC, ja auch unglaublich heilsame Wirkungen haben soll, ist ja schon lange ein Thema.

    Ich habe ganz neu per Newsletter jetzt ein Info zu einem sog. CBD-Produkt - CBD Cannabidiol - erhalten und frage mich, ob ich das mal probieren sollte.

    Laut Beschreibung wird man eben NICHT high! Kennt sich hier irgendjemand ein wenig besser mit dem Unterschied zwischen THC, CBD, Cannabidiol und Cannabinoid aus und kann das mal erläutern?

    Danke im Voraus :D

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    1. Liebe Vanessa, ich habe mich noch nicht mit Cannabis in irgendeiner Weise auseinandergesetzt (d.h. außer mit der Faser im Auto- und Hausbau),aber ich könnte mir denken, dass du hier etwas findest oder weitere Hinweise: http://info.kopp-verlag.de/medizin-und-gesundheit/gesundes-leben/andreas-von-r-tyi/die-heilkraft-von-cannabis-klare-worte-zu-einer-verfemten-nutzpflanze.html

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