Donnerstag, 3. Dezember 2015

In aller Stille verlief in Argentinien ein neoliberaler Staatsstreich



Einar Schlereth
3. Dezember 2015


Ich muss mich beim argentinischen Volk und natürlich auch bei meinen Leser/innen entschuldigen. Vor genau einer Woche schrieb ich hier über das Ergebnis der argentinischen Wahlen: “Dem argentinischen Volk ist wirklich nicht zu helfen. Es lädt aus freiem Willen den Wolf in den Schafstall ein.“ Ich habe einer DPA- Meldung geglaubt, die faktisch auch stimmte, aber im Grunde dennoch verlogen war, weil sie nicht meldete, was wirklich geschehen ist.

Scioli und Christine Kirchner
Jetzt hat Peter König, von dem ich auch vor 14 Tagen einen Artikel  übersetzte (Das Imperium will Argentinien heim ins Reich holen) übersetzte, genau beschrieben, was wirklich passierte. Das argentinische Volk hat den Gangster MACRI NICHT gewählt. Es ist auf üble Weise betrogen und hintergangen worden. Aber Argentinien und seine Wahlen sind bei uns mit dem ganzen Flüchtlingstheater, Paris und dem Abschuss des russischen Flugzeugs völlig untergegangen.

Ich erzähle kurz den Hergang:

Es hat erstmals in der argentinischen Geschichte drei Wahlgänge gegeben.

Ende Juli gaben Prognosen Scioli und seiner FPV (Front für den Sieg, der Christine Kirchner angehört) einen Vorsprung von 13.6 %, d. h. 38.8 % gegenüber 25.2 % für Macri. Das Ergebnis am 9. August lautete 36.8 % vs. 24.7 %, also immer noch 12 Punkte Vorsprung.

Zwei Tage vor dem 2. Wahldurchgang sagte man Scioli eine 8.5 % Führung voraus (d. h. 38.41 vs. 30.07 %). Das reale Ergebnis am 25. Oktober war, dass Scioli mit 2.4 % Vorsprung (36.8 % vs. 34.4 %) gewann.

Der 3. Wahldurchgang am 22. November vor knapp 14 Tagen ergaben für Macri und seiner „Wir schaffen es“-Partei den Sieg mit 51.4 % gegen Sciolis 48.6 % - d. h. 2.8 % mehr als Scioli.
Peter König schreibt:
„Da ist definitiv etwas faul an einer derart krassen Verschlechterung der Führung eines Kandidaten, wenn sie von 14 Pluspunkten auf minus 3 Punkte in 4 Monaten fällt, eine Differenz von 17 %. Dies ist nicht das typische Muster bei Wahl- Voraussagen und auch kein Anzeichen für einen Änderung der öffentlichen Meinung, die von ihrer Regierung in dem Ausmaß profitiert hat, wie im Argentinien der vergangenen 15 Jahre, seit dem ökonomischen Zusammenbruch 2001: eine jährliche Wachstumsrate von 6 – 8 %, eine sehr verteilende Wirtschafts- Entwicklung, die half, die Armut von 65% im Jahr 2002 auf 10% Anfang 2015 zu drücken und einer massiven Zunahme der landesweiten kostenlosen Erziehung und Gesundheitsdienste, auch in ländlichen Gebieten, von der Beseitigung der Auslandsschulden ganz zu schweigen.“

Dann stellt er die einfache logische Frage: Sollte ein Volk, das zu 80 -90 % von der Politik der regierenden Partei massiv profitiert hat, mit mehr als 50 % gegen die Fortführung dieser Politik stimmen und lieber für einen neo-liberalen Politiker, der versprach, die Uhr zurückzustellen? Das ist wirklich schwer vorstellbar. Daher mein defätistischer Satz vor ein paar Tagen.

Nun, dann zählt König die zahllosen Methoden auf, mit denen man die Regierung mit ständigen teilweise wahren, aber überwiegend verlogenen Anschuldigungen schlecht machte, übel beschimpfte, auch direkt persönlich, wie aus allen Medienrohren auf die FPV geballert wurde, unterstützt von allen großen internationalen Medien. Wikileaks enthüllte, dass Mauricio Macri die US-Botschaft bat, eine scharfe anti-Kirchner-Kampagne zu entfachen, was man sich nicht 2x sagen ließ.

Und wer ist dieser Mauricio Macri? Peter König nochmal:
„1959 geboren in eine Familie, die zu den bedeutendsten Industrie- und Wirtschaftsgruppen des Landes zählt. 1975 besaß die Macri-Familie 7 Unternehmen; am Ende der Militärdiktatur war die Zahl auf 46 angestiegen. Sie hat also außerordentlich durch ihre Geschäftsbeziehungen mit der totalitären Militär-Regierung von Videla gewonnen. Im Einvernehmen mit US-Banken schufen sie falsche Schulden, die später von der argentinischen Regierung übernommen werden mussten.“

So wurde Macri also zum Milliardär und machte sich einen Namen als extrem konservativer, rechter Politiker, der für die neo-liberale Politik eintrat und offen zugab, dass er die fortschrittliche Politik von Christine Kirchner umkehren werde. Als Bürgermeister von Buenos Aires wurde er bekannt durch Missbrauch öffentlicher Gelder, riesige Budget-Überschreitungen und niemals endende öffentliche Arbeiten. Er hat angeblich auch öffentliche Gelder in seine Wahlkampagne gesteckt und Gelder von Prostitutions-Ringen entgegengenommen.

Alles in allem eine äußerst unappetitliche Figur, die normalerweise nur bei Kleinbürgern und der Mittelklasse ankommt. Schwerlich bei einfachen Arbeitern und Bauern.

Nun, es wird mit der Zeit herauskommen, mit welchen Mitteln er sich den Sieg erschlichen hat. Sicherlich, wie allgemein in den Staaten auch üblich, durch Manipulation der Zählmaschinen, Verschwindenlassen von Wahlzetteln etc. Doch wird ihm dieser knappe „Sieg“ kaum erlauben, allzu frech voranzuschreiten, denn die Argentinier erhitzen sich leicht und haben viel Erfahrung darin, wie man unfähige und kriminelle Regierungen zum Teufel jagt.

2 Kommentare:

  1. Machen wir uns nichts vor sie haben Argentinien geholt und werden versuchen während die Russen mit Syrien, Ukraine und Türkei beschäftigt sind noch Venezuela und Brazilien zu holen. Maduro ist im Vergleich zu Chaves nicht charismatisch genug gegen die Westpressemeute eine Chance zu haben und von Brazilien liest man ja immer wieder berichte über Korruption der aktuellen Regierung und Korruptionsvorwürfe werden immer als Grundlage für Farbenrevolutionen genommen.

    Russland wird sich in Syrien und anderswo womöglich verausgaben und die USA Südamerika heim ins Reich holen in der Zeit.
    Es scheint tatsächlich so zu sein das sich nicht die Frage stellt ob sie Gewinnen sondern nur wo sie diesmal gewinnen. Sie versuchen es immer an so vielen Stellen gleichzeitig das es irgendwo klappen muss. Sollte TTIP im Schatten von Terror und Kriegsangst auch durchgedrückt werden muss man dann wohl die vorzeitigen Spekulationen über deren Niederganz zumindest vom Termin her etwas weiter in die Zukunft schieben. Und China wird wie erwartet nichts machen bis sie nicht selbst der Meinung sind losschlagen zu können oder alle anderen schon gefallen sind. Womöglich könnte es auch noch auf nen Deal hinauslaufen zwischen China und den USA. Das wird die Zeit zeigen.

    Kotromanic

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  2. Das hört sich gar nicht gut an, wirklich, gar nicht gut. Da höre ich doch gerade über RT Deutsch, daß es in Patagonien ein großes Walsterben gab. Und was haben mysteriöse Tiersterben und mysteriöse menschliche Handlungen möglicherweise gemeinsam? Die Ursache?

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