Freitag, 13. Juli 2012

NATOs Heiliger Krieg wird höllisch teuer


Pepe kann oft realistische Einschätzungen der Lage liefern, aber seine notorischen Seitenhiebe gegen links und rechts beruhen weniger auf Beweisen als vielmehr auf seinen Launen. Man muss ja Assad nicht unbedingt mögen, aber man sollte sich an Fakten halten. Syrien ein Polizeistaat? Wovon spricht er eigentlich? Hat er zwischenzeitlich gepennt? Warum erwähnt er mit keinem Wort, dass Syrien inzwischen eine demokratische Regierung hat (das Monopol der Baath-Partei ist aufgehoben ebenso wie der Ausnahmezustand), eine neue Verfassung wurde geschrieben, von der sich manche Demokratie eine Scheibe abschneiden könnte, Parteien verschiedener Couleur, auch oppositionelle, sind gegründet worden, eine Wahl hat stattgefunden und eine neue Regierung ist installiert worden. Und obendrein war Assad eine treibende Kraft für Veränderung, die schon vor dem „Aufstand“ begann. Und genau das war es, was den USA und allen herumlungernden Jihadisten, die den Sturz Assads seit Jahren planten, die größte Angst eingejagt hat: dass Syrien eine echte Demokratie werden könnte – so weit das in einem kapitalistischen System überhaupt möglich ist. Es sei keine echte Demokratie, so schreien alle. Ja so? Dann zeigt doch bitte mal, wo es die gibt. Ihr meint doch nicht etwa die faschistische US-Oligarchen-Kleptokratie? Aha. Ende der Diskussion.


NATOs Heiliger Krieg wird höllisch teuer
Pepe Escobar
10. Juli 2012


Der US-Außenministerin Hillary Clinton geht die rhetorische Munition aus im Heiligen Krieg der USA gegen Syrien. Vielleicht macht das der Stress, einen NATO-Krieg unter Umgehung des UN-Sicherheitsrates in Gang zu bringen. Vielleicht auch der Stress, regelmäßig vom russischen Außenminister Sergej Lawrow zum Frühstück verzehrt zu werden.
Hillary hat gerade die „westlichen Mächte“ und ihre arabischen Strohmänner – NATOGCC d. h. NATO plus der Golf Kooperationsrat, die sich als „internationale Gemeinschaft“ darstellen – aufgefordert, „Russland und China klarzumachen, dass sie einen Preis bezahlen werden, weil sie den Fortschritt aufhalten“ in Bezug auf den bewaffneten Regimewechsel in Syrien. In Klartext bedeutet dies: „Wenn ihr unseren neuen Krieg blockiert, wird es euch heimgezahlt“.

Ungeachtet des dröhnenden Gelächters in den Korridoren des Kreml und von Zhongnanhai, zeigt dies, wie desperat die NATOGCC-Gang ist, einen Regimewechsel in Syrien zu erzwingen als Zwischenstation zur Abtrennung von Irans privilegierter Verbindung mit der arabischen Welt. Und unterdessen juckt es den türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan – der die Ostflanke der NATO hält – Syrien anzugreifen, aber er findet keinen Weg, dies der öffentlichen Meinung in der Türkei zu verkaufen.
In diesen weißglühenden Kontext plumpst Wikileaks, die einen Haufen sehr irritierender Emails für Assad und die NATO-Rebellen veröffentlicht haben. Ein möglicher Nebeneffekt wird sein, dass Mengen sogenannter Progressiver im Westen anfangen, den Heiligen Krieg gegen Syrien zu unterstützen. Ein realistischer Effekt wird sein zu zeigen, wie abscheulich das Assad-Polizeistaat-System und die bewaffnete Opposition sind.
Es ist nützlich zu untersuchen, welchen Preis Washington selbst, von seinen NATO-Untertanen zu schweigen, zu zahlen hätte für diesen Heiligen Krieg-Schößling, der mit – natürlich – derselben Horde von „Terroristen“ ausgefochten wird, die gestern noch dabei waren, die westliche Zivilisation zu zerstören und sie in ein gigantisches Kalifat zu verwandeln.
Washington, London und Paris haben versucht – zweimal – den UN- Sicherheitsrat zu einem weiteren Krieg zu zwingen. Sie wurden von Russland und China blockiert. Plan B war, die UNO zu umgehen und einen NATO-Krieg einzuleiten. Das Problem ist, dass die NATO nicht den Mut hat – und nicht die Mittel – für einen sehr riskanten Krieg mit einem Land, das sich auch verteidigen kann.
Folglich ist Plan C dran, auf einen lang ausgedehnten Bürgerkrieg zu setzen, indem man die wahrlich nicht freie syrische Armee (FSA) benutzt, die angefüllt ist mit Söldnern und Jihadisten und einer Bande von opporunistischen Exilanten, die unter dem Namen Syrischer Nationalrat (SNC) bekannt ist.
Der SNC hat sogar nach einer Flugverbotszone über Syrien à la Libyen gerufen, ein anderes Wort für NATO-Krieg. Die Türkei hat formell die NATO um eine Flugverbotszone gebeten. Doch die NATO-Befehlshaber mögen unfähig sein – aber sie haben eine gewisse Menge an Erfahrung mit großen Peinlichkeiten (siehe Afghanistan) gemacht. Sie haben glattweg abgelehnt.
Der SNC – und die FSA – könnten nicht unrepräsentativer sein. Die „Freunde Syriens“ - so wie Hillary Clinton und die arabischen Strohmänner – kennen kaum die Existenz des Nationalen Koordinationsrat für Demokratische Veränderung (NCB), die Hauptoppositionsbewegung in Syrien, die aus 13 politischen Parteien besteht, hauptsächlich von linken, arabischen Nationalisten und einschließlich einer kurdischen Partei. Der NCB verurteilt entschieden jede Form der Militarisierung und die FSA.
Iraks Außenminister Hoshyar Zebari – ein Kurde – hat gewarnt, dass die Salafi-Jihadisten von der Al-Qaida-Sippe in Scharen nach Syrien gehen. Offenbar gehorcht diese Horde immer noch auf die Stimme des „unsichtbaren“ Al-Qaida Ideologen Dr. Ayman al-Zawahiri; vor fünf Monaten hat er den Marschbefehl an die Jihadisten im Irak, Jordanien, Libanon und der Türkei ausgegeben. Hilfreich ist, dass viel von ihnen – über verschiedene Netzwerke – von den Saudis und Katar bewaffnet worden sind.
Seit Monaten weiss jedermann, dass die Libysche Islamische Kämpfergruppe (LIFG) des Al-Qaida-Verbindungsmannes Abdul Hakim Belhaj in Syrien aktiv ist ebenso wie die Reste der Al-Qaida aus dem Irak, die jetzt für die Autobomben in Damaskus verantwortlich sind.
Für den Fall eines post-Assad-Syrien, das von ausgekochten Sunnis beherrscht wird, durchmischt mit Wahhabis und Salafisten, wird ein garantierter Rückschlag das Afghanistan nach dem anti-Sowjet-Jihad wie Disneyland aussehen lassen.
Und in China lacht man sich über die desperate Hillary halbtot. Und die Saudis, die immer paranoider werden, wenn sie den Flirt der Obama-Verwaltung mit Demokratie in der arabischen Welt sehen, hat Beijing gestärkt durch Handelsbeziehungen und die Lieferung von neuen Raketen.
Und während der „Westen“ mit dem Heiligen Krieg flirtet, haben Beijings staatliche Unternehmen wie verrückt im ganzen Nahen Osten, Nordafrika und Südamerika Rohstoffe aufgekauft und horten seltene Erden als strategische Reserve. China produziert nicht weniger als 97% der seltenen Erden der Welt, die für alles gebraucht werden – von iPads bis zu den glänzenden neuen Raketen, die jetzt in der arabischen Wüste braten.

Andere Nebeneffekte der „Heimzahlung“ für die Umgehung der UNO und der Besessenheit der NATO als Robocop [US- Science fiction Film mit einem Roboter-Polizisten. A. d. Ü.] aufzutreten, werden unausweichlich sein. Es sollte nicht vergessen werden, dass der Heilige Krieg gegen Syrien ein Zwischenstop für den Weg nach Teheran ist. Zum Beispiel ist ein neues System der maritimen Versicherung und ein neuer internationaler Wechselkursmechanismus – unter Umgehung der westlichen Diktate – im Entstehen begriffen.
Doch das wichtigste Element kann eine konzertierte Aktion von Russland, Iran und China sein, den globalen Energie-Markt neu zu organisieren außerhalb des Petrodollars.
Washington schneidet also Iran von SWIFT ab – dem internationalen Banken-Clearing-System? Da schlägt Irans Zentralbank zurück; wenn ihr mit uns Geschäfte machen wollt, könnt ihr in jeder Währung zahlen außer mit US-Dollars oder auch in Gold.
Dies ist der Heilige Gral des Heiligen Krieges – nicht Syrien; eine Sache ist es für Teheran, Euros als Zahlungsmittel zu akzeptieren, eine andere Sache ist es, Gold zu akzeptieren. Und obendrein mit der vollen Unterstützung von sowohl Russland als auch China.
Kurz und gut: das ganze Heilige Krieg-Syndrom beschleunigt das Ende des US-Dollars als globale Reservewährung. Und wenn das geschieht, wird es dann einen amerikanischen Frühling geben? Oder werden dann die US-Eliten – wie das Volk – den Mut und die Muskeln haben, Russland und China zu zwingen, den Preis zu bezahlen?


Quelle - källa - source

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