Montag, 23. Juli 2012

Nach den Gräbern geraten jetzt auch noch Timbuktus Manuskripte durch die Araber in Gefahr


Leitartikel

Die Stadt Timbuktu im nördlichen Mali ist nicht nur Heimat von historischen Moscheen und heiligen Gräbern, sondern auch von einer enormen Sammlung alter Manuskripte, die von der reichen intellektuellen Geschichte der Region erzählen. All dies ist nun bedroht durch eine Welle der Barbarei von arabischen Salafisten, die Nord-Mali unter ihre Kontrolle gebracht haben.

Europäische Historiker haben lange behauptet, dass Afrika keine geschriebene Geschichte oder intellektuelle Tradition besitzt, und dass das erste Licht der Zivilisation mit der europäischen Kolonisierung kam. Aber wenn es eine Stadt in Afrika gibt, die diesen weißen Mythos beseitigt, dann ist es Timbuktu.

Zentrum intellektuellen Lebens

Timbuktu Manuskript über Mathematik und Astronomie
Diese Stadt am nördlichsten Bogen des Niger-Flusses am Rande der Sahara war ein blühendes Handelszentrum seit dem 13. Jahrhundert. Dort wurde mit Gold, Salz und anderem gehandelt. Die Europäer kamen erst im 19. Jahrhundert in die Stadt, aber Historiker wie Ibn Battuta beschrieben die Stadt mit Bewunderung schon 500 Jahre zuvor.
Timbuktu ist am besten für seine Moscheen und Mausoleen bekannt, wo Sufi-Heilige begraben liegen. Aber erst kürzlich wurden sich die Menschen bewusst, dass Timbuktu nicht nur Handelszentrum, sondern auch ein bedeutendes Zentrum intellektuellem Lebens war. Ende der 90-er Jahre fand ein internationales Forschungsteam eine Anzahl privater Bibliotheken, wo prominente Familien Timbuktus zehntausende mittelalterliche Manuskripte aufbewahrten. Diese Manuskripte, geschrieben in mehreren afrikanischen Sprachen und auf arabisch, zeigten der Welt, dass Gelehrte in Westafrika im 13. Jahrhundert sich eingehend mit religiösen Fragen, aber auch mit Logik, Mathematik, Astronomie, Medizin und Naturwissenschaften befassten.
Von Salafisten zerstörter Schrein

Fundamentalistischer Salafismus

Der westafrikanische Islam war tief vom Sufismus, einem mystischen Zweig des Islam, beeinflusst worden, der eine metaphorische Interpretation des Koran bevorzugt, die sich auf die geistige Entwicklung des Indiduums konzentriert. Der westafrikanische Sufismus ist auch bekannt für seine „aufgeklärten“ Persönlichkeiten, die zwischen Gott und der Menschheit vermitteln und die auch nach ihrem Tode verehrt werden.
Die Araber, die jetzt im Norden Malis die Macht ergriffen haben, folgen einer völlig verschiedenen Bewegung: dem fundamentalistischen Salafismus aus Saudiarabien. Ihr Islam hat in Westafrika keinerlei historische Wurzeln. Er verwirft den Sufismus und die mystische Verehrung der Heiligen als Häresie.

Timbuktu Moschee
Es ist der fundamentalistische Islam aus Saudiarabien und dessen Animosität gegen den Sufismus, der zur tragischen Zerstörung unersetzlicher Symbole des westafrikanischen kulturellen Erbes geführt hat. Arabische Salafisten haben bereits mindestens drei historische Mausoleen zerstört und sie sagen, dass sie alle mit dem Erdboden gleichmachen werden. Auch historische Moscheen und Bibliotheken sind nicht sicher vor diesen Barbaren. Die Manuskripte würden ein Vermögen auf dem Schwarzmarkt erzielen. Es besteht das Risiko, dass wichtige Zeugnisse der reichen afrikanischen wissenschaftlichen Tradition für immer verloren gehen, während die Afrikaner in der ganzen Welt müßig herumsitzen und Angst vor ein paar hundert Arabern haben.
Anmerkung des Übersetzers: 
Als erster Europäer hat Heinrich Barth, der die Stadt  um 1850 besuchte, ihre große Bedeutung als intellekuelles Zentrum erkannt und ausführlich darüber geschrieben. Und vor zwei Jahren ist der schwedische Schriftsteller Henning Mankell in Timbuktu gewesen und hat nicht nur über diese kostbaren Schätze in den Bibliotheken geschrieben, sondern auch darüber, dass vor Ankunft der Weißen die Leute tausende Manuskripte im Wüstensand vergraben hatten, wo sie sehr gut erhalten geblieben sind. Das Wissen darüber ging über die Zeit verloren und erst kürzlich sind sie neu entdeckt worden.
Quelle - källa - source

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